3 Gründe gegen das Bauprojekt - Lissi von Bülow

3 Gründe gegen das Bauprojekt – Lissi von Bülow

By Rettet das Melbbad, 4. August 2020

3 Gründe gegen das Bauprojekt - Lissi von Bülow

Frau von Bülow, Oberbürgermeisterkandidatin der SPD hat auf unsere Anfrage zu einer Stellungnahme geantwortet. Diese bemerkenswerte Antwort – die leider in einem großen Kontrast zur Position der SPD Fraktion im Allgemeinen steht – möchten wir euch nicht vorenthalten. Hier der Brief – Hervorhebungen von uns vorgenommen:

Sehr geehrte Frau Potak, sehr geehrter Herr Dr. Schröder, sehr geehrter Herr Vogel,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich leider erst jetzt beantworten kann und das auch nur zum Teil. Die vielen Detailfragen nämlich, die Sie aufgelistet haben, zu Immissionsschutz, Verschattung, Kaltluftströmen etc. kann in der Gesamtheit nur der Oberbürgermeister mit seiner Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Projektleitung der Vebowag beantworten. Hierfür ist die Einholung verschiedener fachspezifischer Stellungnahmen notwendig.

Ich möchte Ihnen gegenüber aber, wie versprochen, meine Position zu dem Vorhaben darlegen. Schon ziemlich direkt nach Bekanntwerden meiner Kandidatur hat Ihre Initiative mich nach meiner Haltung zu dem Vorhaben gefragt. Ich habe damals zugesagt, dass ich Ihnen, trotz schon bestehender Skepsis meinerseits gegenüber dem Vorhaben, meine Position erst fundiert darlegen werde, wenn ich mich gründlich informiert habe und wenn die neue Entwurfsplanung vorliegt. Ich habe nun viele Gespräche geführt und das Vorhaben von allen Seiten beleuchtet und habe mir auch aus der Ferne noch die Bürgerinformation angehört.
Ich bleibe bei meiner kritischen Haltung gegenüber dem derzeitig geplanten Bauprojekt. Dies fällt mir überhaupt nicht leicht. Das Bauprojekt verfolgt ja die Schaffung von dringend benötigtem, günstigen Wohnraum gerade für Pflegepersonal der Uniklinik, also einem Bereich, der um Fachkräfte ringt,  und es stecken schon viel Energie und Kosten in dem Projekt.
Im Wesentlichen sind es drei Gründe, weswegen ich das Vorhaben in der jetzigen Planung nicht befürworten kann: in städtebaulicher Hinsicht, wegen der aus meiner Sicht noch fehlenden Rechtfertigung der Nutzung gerade dieses Grundstücks für Wohnbau und wegen der noch nicht ausreichenden Gesamtkostenbetrachtung.
Der mir wichtigste Aspekt ist der städtebauliche. Das Melbbad ist aus meiner Sicht heute deshalb so besonders idyllisch und schön, weil es mit gutem Blick für die umgebende Natur und die Topographie gebaut wurde. Das Melbtal ist im oberen Teil wild romantisch und öffnet sich an der Stelle des Melbbades. Hier ist Platz für die Becken und den einzigartigen Liegehang mit Süd-West-Sonne, Blick auf die blauen Becken und gegenüberliegend die Bäume hinauf zum Kreuzberg und der Kapelle. Ich bin überzeugt, dass das vorhandene Gebäude bewusst so terrassiert gebaut wurde, um genau diese Blickachse frei zu halten. Dies ginge mit dem langen und hohen Bebauungsriegel verloren.
Im Bereich der Stadtplanung werden Nutzungen bestimmten Flächen bewusst zugewiesen, um die Nutzung der Flächen zu gliedern, Ausgleich zu schaffen und meist auch um immissionsschutzrechtliche Folgeprobleme zu vermeiden. Bewusst wurde hier eine Sport- und Freizeitstätte angelegt. Freizeitstätten dienen dem Ausgleich in der Freizeit, der Erholung, ja auch dem Zweck, einfach den Blick schweifen zu lassen. Das ist in manch einem Park erlebbar und das ist im Melbbad auf hervorragende Weise gelungen. Dieser Wert ginge für viele, auch gerade diejenigen, die einen Ausgleich von den eigenen, vielleicht engen vier Wänden brauchen, verloren. Diese Nutzung des Bades verträgt sich aus meiner Sicht nicht mit einer Wohnnutzung unmittelbar neben dem Beckenrand. Vorrübergehend in einer Notsituation könnte ich mir eine Wohnnutzung des Grundstücks vorstellen. Wir bauen aber Gebäude mit einer angelegten Nutzungsdauer von 50 Jahren. Das heißt, wir verändern den Charakter des Grundstücks auf Dauer und nehmen die konfliktträchtige Situation bewusst für die nächsten 50 Jahre in Kauf. Das finde ich schwierig. Ich bin immer dafür, auch neue Wege in der Grundstücksnutzung zu gehen und übergreifend zu denken. Das habe ich selbst an vielen Stellen schon getan.  Ich bin auch dafür, die Nutzung des Grundstücks über die Sommerschwimmbadmonate auszudehnen. Aber es müssen aus meiner Sicht Nutzungen sein, die sich mit dem Betrieb des Bades vertragen oder diesen Betrieb sogar ergänzen. Da wäre vieles denkbar, was wir infrastrukturell brauchen.  Außerdem fände ich es schön, die Betriebszeiten des Bades an besonders heißen Tagen, die ja in Zukunft noch stärker zu erwarten sind, in den Abend noch leicht ausdehnen zu können. Die Möglichkeit sollten wir uns nicht verbauen.
Für mich wäre die Bebauung in der Weise dann zu akzeptieren, wenn wir wirklich keine zu Wohnzwecken zu nutzenden Grundstücke mehr entwickeln können. Im Rahmen meines bisherigen Wahlkampfes habe ich mich aber schon mit so vielen Grundstücken befasst, bei denen sich seit Jahren nichts tut. Vor einer Bebauung des Melbbades erwarte ich von dem Oberbürgermeister unserer Stadt öffentlich die Erklärung, dass diese alternativlos ist und an keiner Stelle in Bonn durch Verhandlung und Entwicklung Wohnraum für dieses Segment geschaffen werden kann. Dies wurde den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt bisher aber nicht erklärt. Stattdessen sieht man überall in der Stadt, dass kräftig gebaut wird. Meist im höherpreisigen Segment. Die Schaffung von günstigem Wohnraum wurde vernachlässigt und sogar Wohngrundstücke einer anderen Nutzung preisgegeben. Genausowenig wurde den Bürgerinnen und Bürgern erklärt, dass ohne eine Bebauung dem Melbbad das „Aus“ droht. Dies wird in Gesprächen immer wieder vorgebracht, findet sich aber in keinem mir bekannten Papier seit dem Beginn der Diskussion. Damit fehlt aus meiner Sicht die argumentative Rechtfertigung für die Art und Intensität der geplanten Bebauung.        
Und zuletzt haben meine Gespräche und auch die Bürgerinformation gezeigt, dass die finanziellen Fragen noch nicht eindeutig geklärt sind. Es fehlt die Vollkostenrechnung für die Stadt und die vergleichende Betrachtung der Sanierung der bisherigen Infrastruktur mit der integrierten Lösung in das große Neubauvorhaben. Mir bleiben nach allen Gesprächen Zweifel, ob dies neben der baulichen Einschränkung für das Melbbad für die Stadt eine günstige Lösung ist.
Ich würde mich freuen, wenn wir vor einer solch massiven Bebauung ganz sachlich und offen über die Flächennutzungen in Bonn, die Bedeutung von Freizeitstätten, die Zukunft des Melbbades und über Wege zu mehr öffentlich gefördertem Wohnraum unabhängig von Parteizugehörigkeiten diskutieren könnten. Dieses andere Miteinander, die Offenheit von Diskussionen, die Verabredung von transparenten Zielen und eine viel frühere Bürgerbeteiligung sind Kernanliegen meiner Kandidatur zur Oberbürgermeisterin von Bonn!   
Mit freundlichen Grüßen
Lissi von Bülow


Lissi von Bülow
Oberbürgermeisterkandidatin für Bonn

mail@lissivonbuelow.de

www.lissivonbuelow.de
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One Comment

  1. Ludger Schadomsky sagt:

    Man will hoffen, dass die SPD-Fraktion souverän genug ist, die Position der OB-Kandidatin LvB auszuhalten und, besser noch, sich zu eigen zu machen. Auch ohne Experteneinsicht in die Bonner Flächen- und Bebauungspläne kann man/frau/divers sich schwerlich vorstellen, dass es keine Alternativen für den benötigten Wohnraum gebe sollte. Leider steht zu befürchten, dass mit Blick auf die Coronakrise die berechtigten Argumente beider Seiten – bezahlbares Wohnen für systemrelevante Pflegekräfte hier, Freizeitausgleich für home schooling- strapazierte Kinder und Jugendliche in einem allseits geschätzten Bonner Wahrzeichen dort -, gegeneinander ausgespielt werden. Es sollte der Stadt Bonn mit etwas gutem Willen gelingen, beide Anliegen zu berücksichtigen und eine alternative Baufläche auszuweisen.

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